Informationskrieg oder Vom Bluffen und Lügen
Neben dem – gelinde gesagt – sicher zu hinterfragenden Krieg gegen den Terror[1] (welcher ganz offensichtlich weder der Verteidigung noch der Befriedung der bekriegten Länder dient, sondern der Festigung der neoliberalen[2, 3] Interessen des Westens; und nebenbei bemerkt ein Vielfaches an unschuldigen zivilen Opfern in den bekriegten Ländern produziert[4]) gibt es – hochgradig damit verflochten – den Informationskrieg[5], der sich verschiedener psychologischer Strategien und Taktiken bedient, um die öffentliche Wahrnehmung und Meinung in gewünschte Bahnen zu lenken – mit durchaus dramatischen gesellschaftlichen Kollateralschäden![6]
Fakten verschwinden nicht, nur weil man sie ignoriert.
(Sam Ewing)
'Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst.' Quatsch mit Soße: Die Wahrheit muß längst schon tot sein, damit es überhaupt zum Krieg kommen kann!
(Hagen Rether)
Die Herrschenden werden aufhören zu herrschen, wenn die Kriechenden aufhören zu kriechen.
(Friedrich Schiller)
Wenn du sie mit Wissen nicht überzeugen kannst, verwirre sie mit Schwachsinn.
(Verfasser unbekannt)
Das Problem ist weder neu[7, 8] noch einfach aufzulösen, was die Situation für den ernsthaft interessierten und ambitionierten Bürger nicht gerade unkompliziert macht.
Zunächst einmal sollte man sich selbst daher die berühmte Frage Cui bono?[9] stellen. Aus diesem Grund geht bei meinen Recherchen zu (kontroversen) Themen häufig – nach erstem Überfliegen des Textes – der primäre Blick ins Impressum[10] des Seitenbetreibers oder Autors, um Interessen(konflikte)[11, 12, 13] abzuklopfen. Gegebenenfalls recherchiere ich im Netz weiter über den Verfasser der Publikation – wohlwissend, dass auch der öffentliche Widerhall interessengeleitet sein kann. Daraus aber eine generelle Böswilligkeit des Akteurs abzuleiten, mag wiederum auch an den Interessen des Fragenden oder Suchenden selbst liegen. Denn es ist wohl – neutral gesprochen – vollkommen legitim Interessen zu verfolgen. Viel wichtiger ist die Frage zu Strategien und Konsequenzen des Tuns des Akteurs.
Zur weiteren Einschätzung der Information ist es hilfreich, die wichtigsten Strategien der Meinungsmache zu kennen, denn Kommunikation und Publikation können niemals neutral sein und sind daher häufig Krieg mit Worten. Methoden dieser psychologischen Kriegsführung[14, 15, 16] können neben der direkten Lüge[17] und Desinformation[18], die viel subtiler wirkende Verbreitung von alternativen Fakten[19, 20, 21, 22, 23] und Fake News[24, 25, 26, 27] (was sich mittels Social Bots[28, 29, 30] inzwischen automatisieren lässt) sowie Demoralisierung[31], Informationsüberflutung[32] und ferner die Tabuisierung[33] von Themen (was schlimmstenfalls zur Schweigespirale[34, 35, 36] führen kann) oder die Monopolisierung von Meinungen und Informationen[37] (Framing[38, 39], Agenda Setting[40, 41]) bis hin zur Gesinnungsjustiz sein.
Zum anderen ist gerade das Internet mit seinen Bit und Bytes der Ort, demjenigen[42] zu gedenken, dem wir die Binärzahlen[43] verdanken und zu dem man nicht immer die beste Meinung hatte, da er völlig andere Meinungen, und nicht nur das, sondern auch die Person dazu als Mensch in seiner Sorge ernst nahm. Was Krieg war, wußte er, wurde er doch noch in der Zeit des schlimmsten aller Kriege, des Dreißigjährigen Krieges[44], geboren.★
Aus:
Friedrich Heer[45]: Gottfried Wilhelm Leibniz
Fischer Bücherei[46, 47], Bücher des Wissens, Nr. 229, Erstauflage November 1958
2. Einbandseite Über dieses Buch:
Es gibt kaum etwas Großes, Gefährliches, Schönes in unserer Epoche, schreibt Friedrich Heer, das von Leibniz nicht vorgedacht, vorgeplant wurde.
Leibniz: ein Phänomen, vielschichtig, vieldeutig – so scheint es – in Kampf, Auseinandersetzung mit fast jeder wissenschaftlichen Disziplin.
Seite 20:
Denken[48, 49, 50] ist, für Leibniz, Mit-Denken. Denken ist für ihn ein einziges großes Geltenlassen, Denken ist Zu-Stimmen. Denken ist: niemanden verachten. Die Raison, die Vernunft[51, 52, 53, 54] ist die Einsicht in die Verknüpfung aller Wahrheiten[55, 56, 57, 58, 59, 60] und Wirklichkeiten.[61, 62, 63, 64] Vernunft ist Kommunikation[65, 66, 67] ...
Dieses Denken, also eine neue Form der Diplomatie[68, 69, 70, 71], hat nun Leibniz zu einer ebenso außerordentlichen wie später oft mißverstandenen Meisterschaft entwickelt. Er hat dabei eine, wie er selbst gern gesteht, natürliche Begabung, in allem Fremden, Anderen das Gute zu ersehen und anzuerkennen, zeitlebens in harter Arbeit weiterentwickelt. Leibniz schmiegt sich an das Denken seiner Partner und Gegner an, bemüht sich, deren Anliegen gerecht zu werden (die oft weit positiver sind als ihre Antworten). Dieses sein missionarisches Bemühen, allen alles zu werden, ist ihm oft von Systemdenkern und ängstlichen Hütern ihrer Positionen als «charakterlos» verdacht worden. Schwärmer und Querköpfe, seltsame Käuze gehören zu seinen aufmerksamst bedachten Korrespondenzen ebenso wie Geistesfürsten seines Jahrhunderts, ja, werden, wie die zahlreichen Notizen in seiner Bibliothek beweisen, sorgfältig exzerpiert. Kein Europäer hat da mehr an Hingabe und Einfühlung geleistet als dieser Jurist, der ganz ernst versucht, allen gerecht zu werden.
Die zuvor erwähnten Zitate würden aufs vortrefflichste seinen Wikipedia[72, 73]-Artikel ergänzen. Uns Lesern seine liberale[74, 75] Wissenshaltung (und damit die Entstehung unserer Moderne[76]) aus Vorsätzlichkeit unkenntlich zu machen (da in unserer Jetztzeit Polarisierung für manche Schwärmer und Querköpfe oder seltsame Käuze mehr gefragt zu sein scheint), kann man den heutigen Artikelschreibern auf keinen Fall vorwerfen, schon gar nicht mit dem völlig falschen Wort Verschwörungstheorie[77, 78, 79], das leider heutzutage viel zu oft benutzt wird. Doch auch heute haben die Menschen Sorgen und man fragt sich, wie würde heutzutage sich ein Leibniz als Diplomat, Jurist, Wissenschaftler und Philosoph zu folgenden Themen verhalten:
Beispiel 1: Der denunzierte Verschwörungstheoretiker
Zu verstörender Berühmtheit gelangte in den letzten Jahren der Fall des schweizer Historikers Daniele Ganser[80, 81, 82, 83], der nach erster positiver Rezeption, seit dem er ab 2005 öffentlich kritische Fragen zu 9/11[84] (ohne aber wie fälschlicherweise behauptet wird dabei vorzugeben, belastbare oder kritikfähige Antworten zu geben – er fordert lediglich die erneute Untersuchung des Falls) und der NATO[85, 86] stellt, in nahezu allen Leitmedien[87] und zahlreichen Alternativmedien als Verschwörungstheoretiker diskreditiert wird.[88] Lediglich bei den Alternativmedien gibt es einige, die aufgeschlossen für seine Fragen sowie die allgemeine Presse- und Medienrealität sind.[89] Jegliche Versuche, den für die Reputation wichtigen Wikipedia-Artikel neutraler zu gestalten schlugen fehl.[90] Der staatsexaminierte[91] Lehrer Markus Fiedler[92, 93] produzierte ausgehend von der Frage nach der Tauglichkeit der Wikipedia als wissenschaftliche Informationsquelle anhand dieses Falls seinen Film Die dunkle Seite der Wikipedia, den er beim ebenfalls teils kritisch rezipierten Journalisten Ken Jebsen[94, 95] in seiner Sendung KenFM[96] vorstellte und der dort auch gezeigt wird. Des weiteren wehrt er sich gegen seine öffentliche Stigmatisierung[97] als Verschwörungstheoretiker.
Der Journalist und Buchautor Mirko Drotschmann[98, 99] alias MrWissen2go[100, 101, 102] hat das Thema ebenfalls sehr schön in seinem Video Wer steckt hinter Wikipedia?[103] beleuchtet.
Wie soll der aufgeschlossene und unvoreingenommene Bürger da noch durchblicken? Selbst wenn einige der im Film getätigten Behauptungen im Detail nicht richtig sein sollten, zeigt dies doch ein elementares Problem in der Verantwortlichkeitshierarchie der (deutschen) Wikipedia auf. Darüber hinaus erscheint die offizielle Verschwörungstheorie zu 9/11[104] so dermaßen absurd (was sogar offiziell in der kritisierten Wikipedia zugegeben wird[105]!), dass ein Neuaufrollen des Falls legitim bis zwingend notwendig erscheint. Was wiederum die Frage in den Raum stellt, wer konkret Interesse daran oder Angst davor hat, dass sich die öffentliche Meinung bzw. das kollektive Gedächtnis[106, 107] ändert. Und: Wie dünn muss die Argumentationsdecke dieses Falls sein, dass man es nötig hat, zu solch unterirdischen Methoden zu greifen? In Anbetracht dieser verworrenen Situation kann es jedenfalls nicht sein, dass jeder, der den Kommissionsbericht zu 9/11 auch nur ansatzweise in Frage stellt, Gefahr läuft als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt zu werden! Zwar scheint es für einige der bekanntesten Verschwörungstheorien inzwischen mehr oder weniger plausible Erklärungen zu geben[108], welche aber nicht restlos befriedigend sind bzw. Folgefragen aufwerfen. Von einer (für den Normalbürger nachvollziehbaren) abschließenden Bewertung des Falls 9/11 kann also keinesfalls die Rede sein!
Aktualisierung 2021/11/29: Die Coronakrise[109, 110, 111, 112] und die mit ihr einhergehende Polarisierung der Gemüter[113, 114, 115, 116, 117] hat so manchen menschlichen Abgrund aufgetan. Sei es der schon vorher Fragen aufwerfende[118, 119, 120, 121, 122] Daniele Ganser oder auch Ken Jebsen, der aufgrund seiner unhaltbaren Theorien und sich zunehmend nach rechts verschiebenden Aussagen und Kontakten[123, 124, 125, 126] von den etablierten Meinungsplattformen geworfen wurde.
Beispiel 2: Der Klima-Bluff
Ohne mir die Leeren Lehren der Klimaskeptiker[127] zueigen machen zu wollen (denn die meisten sind nicht viel mehr als unwissenschaftlicher Hokuspokus) – gibt es in der Klimadebatte[128, 129] durchaus Argumente, die nachvollziehbar oder ernsthaft diskutabel sind.[130] Zumal es auch Menschen gibt, die noch dazu lernen.[131] Genau so wie jene, die zwar die richtigen Fragen stellen, blöderweise aber die falschen Schlüsse daraus ziehen.[132] Darüber hinaus ist wohl der Gedanke nicht völlig absurd, dass die Atom-Mafia ein konkretes Interesse am öffentlichen Bild der CO2[133, 134]-Thematik haben dürfte, da Atomenergie häufig fälschlicherweise als CO2-neutral (oder gar CO2-frei)[135] bezeichnet wird. Unabhängig davon ist das Klima ein hoch komplexes Gebilde und lässt sich kaum auf den Sündenbock[136] CO2 reduzieren. Selbst wenn Teile der aktuellen Klimaforschung fehlerbehaftet sein sollten, gibt es zahlreiche weitere Gründe, sich trotzdem stark zu machen für einen konsequenten Klimaschutz. Denn, was die meisten Menschen scheinbar nicht begreifen: Es geht nicht darum die Erde oder die Welt zu retten, sondern schlichtweg um das Überleben der Menschheit. Denn wenn wir so weiter machen, steht bald auch die Menschheit auf der Roten Liste gefährdeter Arten.[137, 138] Fraglich ist nur, wer die dann irgendwann mal auswertet!
AusWWWeg: Alternative Informationskanäle?
Leider gibt es in einer konjugiert-komplexen Welt keine schwarzweißen Lösungen solcher Probleme – auch wenn diese von zahlreichen Akteuren immer wieder populistisch[139] postuliert werden. Es gibt gute und schlechte Leitmedien, gute und schlechte Alternativmedien sowie Interessenkonflikte der Akteure.
Die Wikipedia ist zwar die bekannteste und größte, aber durchaus nicht die einzige Online-Enzyklopädie. So gibt es zahlreiche allgemeine und themenspezifische alternative Enzyklopädien[140, 141, 142], die meist ohne Relevanzkriterium (mit allen Vor- und Nachteilen) auskommen. Die Hauptprobleme dieser Wikipedia-Alternativen dürften neben dem bedeutend geringeren Umfang, die im Einzelfall zu überprüfende Qualitätskontrolle, sowie die bedeutend geringere Suchmaschinenrelevanz sein.
Somit bleibt am Ende die Empfehlung zur persönlichen Fach- und Medienkompetenz[143, 144, 145] unter Beachtung ethischer Werte[146, 147], um sich im Dschungel der Fakten, Medien, Meinungen und Indoktrinationsversuchen[148] zurecht zu finden.
Und: Gerade bei einem Informationsportal mit flacher Hierarchiestruktur bietet es sich an, entsprechend der persönlichen Kompetenzen und Neigungen, sich aktiv an der Ausarbeitung von Fachartikeln zu beteiligen, statt sich nur in weltmännischer Großherzigkeit am Tresen zurückzulehnen um sich über die schlechten Medien und Enzyklopädien zu beschweren.
★ Vielen Dank an Detlef Ludwig für das Zitat und den Beitrag zu Gottfried Wilhelm Leibniz.