Demonstration WIR HABEN ES SATT!
Datum: 2023/01/21 – Themenbereiche: Arbeit und Wirtschaft | Nahrung und Umwelt | Politik | Tiere und Umwelt
Nach der Corona-Bremse[1] folgten – in deutlich verminderter Anzahl als in den Jahren zuvor, aber nicht weniger motiviert – rund 10.000 Menschen und 55 Traktoren, dem seit 2011 jährlich erneuerten Aufruf[2] zur stets die Internationale Grüne Woche Berlin[3, 4, 5, 6, 7, 8, 9] begleitenden Demonstration, die in diesem Jahr unter dem Motto stand: GUTES ESSEN FÜR ALLE – STATT PROFITE FÜR WENIGE![10, 11, 12, 13, 14, 15] Rund ein Jahr nach dem schändlichen Überfall Russlands auf die Ukraine[16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29], offenbaren sich auf vielen Ebenen die schlechtesten menschlichen Eigenschaften und dass mal wieder einige Wenige das ganz dicke Geschäft mit dem Elend Anderer machen.[30, 31, 32, 33] Im Bereich der Ernährung findet dies ebenfalls statt, wovon auf der diesjährigen Demonstration zu berichten war.
Abschlusskundgebung
Der zweite Teil des Bühnenprogramms
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 110/136)
Edward Mukiibi[34, 35] (Präsident von Slow Food International[36, 37, 38, 39, 40, 41, 42])
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Audio 8/13)
Edward Mukiibi zur globalen und afrikanischen Ernährungssituation (Audio 8/13) [MP3]
Edward Mukiibi sprach zu folgenden Themen:
- Er deutete an, dass der afrikanische Kontinent unter Dürren[43] und ausländischen Investoren leidet, die sich das Land nehmen.[44, 45, 46, 47, 48, 49] (Hinweis: Es gibt allerdings auch Projekte, um die landwirtschaftliche Situation in Afrika zu verbessern.[50])
- Er berichtete, dass indische Frauen hart arbeiten, um die von der grünen Revolution[51, 52, 53, 54] ausgelaugten Böden wieder fruchtbar zu machen.[55, 56, 57, 58]
- Er prangerte an, dass europäische Fischereiunternehmen an der westafrikanischen Küste die Fischbestände ausplündern, um daraus Fischfutter für ihre Zuchtlachse herzustellen, so dass für die einheimische Bevölkerung keine Nahrung mehr übrig bleibt.[59, 60, 61]
- Edward Mukiibi wies darauf hin, dass die industrielle Nahrungsmittelproduktion des globalen Nordens auf der Ausbeutung des globalen Südens beruht und dort die Umwelt zerstört.[62, 63, 64, 65]
- Er prangerte die hochgradig subventionierte industrielle Tierhaltung im Westen und in Asien an, die die Klimaerwärmung befeuert und durch Preisdumping die lokalen afrikanischen Märkte und deren Ernährungssouveränität zerstört.[66, 67, 68, 69] Die dabei entstehenden Schäden sind noch dramatischer als die in Europa. Daher ist immer eine grenzüberschreitende Betrachtung der Geschehnisse nötig sowie nationale und wirtschaftliche Interessenblasen müssen überwunden werden, um die Natur und die Lebensmittel zu schützen.
- Er riet dazu, bei der Überwindung der globalen Krisen gemeinsam und international zusammen zu arbeiten. Die nationalen Regierungen müssen dabei die internationalen Auswirkungen ihrer lokalen Ernährungspolitik berücksichtigen. Es muss Schluss sein mit einem System, welches das Leben zerstört, das Armut erzeugt und Afrika in einer dauerhaften Nahrungsmittelkrise hält[70, 71] sowie dort die Biodiversität zerstört.[72, 73, 74] Er begrüsse das große Engagement und freue sich auf eine intensivere Zusammenarbeit.
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 111/136)
Zur Bedeutung der Artenvielfalt[75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82]: LASST DAS BRUMMEN NICHT VERSTUMMEN![83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91]
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 112/136)
Der Braunkohleprotest ist im ganzen Land: BODEN ZUM BEACKERN[92, 93] STATT ABBAGGERN[94]
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 113/136)
Beherzte KämpferInnen für Freies Saatgut: AktivistInnen der Initiative Save Our Seeds[95, 96, 97, 98]
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 114/136)
Finanzielle Anschubhilfen[99, 100, 101] sind erwünscht: Existenzgründungen fördern! JUNGE BÄUER*INNEN BRAUCHT DAS LAND
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 115/136)
Tja, diese Agrarpolitik kann einen schon mal ratlos sitzen lassen ...
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 116/136)
Ahmad Rahal (Aktion Agrar – Landwende jetzt e.V.[102, 103, 104, 105, 106]) und Myriam Rapior[107, 108, 109, 110, 111] (BUND e.V.[112, 113, 114, 115, 116, 117, 118])
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Audio 9/13)
Ahmad Rahal und Myriam Rapior zum Sojaanbau in Paraguay und Billigfleisch (Audio 9/13) [MP3]
Ahmad Rahal und Myriam Rapior sprachen zu folgenden Themen:
- Ahmad Rahal deutete an, dass seine Heimat Paraguay trotz der geringen Einwohnerzahl viertgrößter Exporteur von Sojabohnen ist.[119, 120, 121, 122, 123] Um diese anbauen zu können, dafür wurden in den letzten 10 Jahren rund 1 Millionen Menschen von ihrem Land vertrieben.[124, 125, 126]
- In Paraguay gibt es keinen Schutz vor Agrotoxinen und Schulen liegen häufig direkt neben den landwirtschaftlichen Flächen[127], auf denen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die in Europa verboten sind.[128]
- Er berichtete von der mit ihm durchgeführten Studie, die zeigte, dass die in diesen Gebieten lebenden 5-10-jährigen Kinder genetische Schäden haben.[129, 130, 131] In Paraguay wird auf 80% der Ackerfläche dieser Sojaanbau betrieben, der den Boden zerstört[132, 133, 134], nur damit hierzulande die Tiere volle Futtertröge haben!
- Myriam Rapior forderte, dass dieses Unrecht in den lateinamerikanischen Ländern aufhört. Sie prangerte an, dass in diesen Ländern Jahr für Jahr der Regenwald gerodet[135, 136, 137, 138, 139], die lokale Biodiversität zerstört[140, 141] und giftige Pestizide ausgebracht werden, die in Deutschland verboten sind – nur damit in Deutschland billiges Fleisch[142] produziert, konsumiert und exportiert werden kann.
- Sie wies darauf hin, dass wir mit der Produktion dieses Billigfleischs auch unsere eigene Umwelt schädigen, in dem wir die Böden überdüngen und unser Grundwasser verunreinigen[143, 144, 145] sowie Treibhausgasemissionen verursachen.[146, 147, 148, 149]
- Ahmad Rahal appellierte an die Unterstützung der AktivistInnen, um den Handel mit den Agrotoxinen und dem Tierfutter zu unterbinden.
- Myriam Rapior appellierte an die Ampelregierung, endlich eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen, die die lokale Wirtschaft stärkt.
- Konkret forderte sie die Halbierung des Pestizideinsatzes[150] und das Exportverbot von Pestiziden, deren Einsatz in Deutschland verboten ist[151], um eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu ermöglichen.
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 117/136)
Die Trecker fahrenden BäuerInnen auf der Bühne
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 118/136)
Landwirtin Elisabeth Fresen[152, 153, 154] (Bundesvorsitzende Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.[155, 156, 157, 158])
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Audio 10/13)
Elisabeth Fresen zu den agrarpolitischen Forderungen des Agrarbündnisses (Audio 10/13) [MP3]
Es wurde zu folgenden Themen gesprochen:
- Die Moderatorinnen würdigten die praktische Arbeit der LandwirtInnen und der Trecker-Fahrenden.
- Elisabeth Fresen stellte die Familie der BäuerInnen vor und skizzierte ihre Leistungen und Überzeugungen.
- Sie sprach das Höfesterben[159, 160, 161] an und die mit ihr verlorene Vielfalt.
- Sie erinnerte an die klaren Forderungen[162, 163] an den Agrarminister Cem Özdemir: die Umgestaltung der EU-Agrarsubventionen hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit und die Honorierung der bäuerlichen Umweltdienstleistungen statt der Ausschüttung nur nach maximalem Flächenbesitz.[164] Konkret forderte sie die Finanzierung des Borchert-Konzepts[165, 166, 167] und Marktregulierungen, die faire Preise für die erzeugten Produkte ermöglichen.
- Elisabeth Fresen forderte gentechnikfreie[168, 169, 170, 171, 172, 173] Landwirtschaft mit samenfestem Saatgut[174, 175] und den Zugang zu Land für ExistenzgründerInnen statt für SpekulantInnen.
- Sie berichtete kurz vom morgendlichen Treffen bei den internationalen AgrarministerInnen[176, 177, 178, 179], wo sie ihren klaren Forderungen noch einmal Ausdruck verleihen wollten.
- Sie forderte den Agrarminister auf, zeitnah gemeinsam den nötigen Umbau des Agrarsystems anzupacken – auch damit das Höfesterben endlich aufhört.
- Die Moderatorin zeigte sich begeistert und verabschiedete kämpferisch die BäuerInnen.
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 119/136)
Die BäuerInnen beklatschten sich gegenseitig
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 120/136)
So jung und trotzdem ein paar elementare Dinge verstanden ...[180, 181, 182, 183, 184, 185]
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 121/136)
Mari Pape (Yeşil Çember – ökologisch interkulturell gGmbH[186, 187, 188, 189, 190, 191])
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Audio 11/13)
Mari Pape über gutes Essen für migrantische Communities (Audio 11/13) [MP3]
Mari Pape sprach zu folgenden Themen:
- Sie berichtete, dass das Ziel ihrer Organisation sei, migrantischen Communities Zugang zum Themenbereich Umwelt und Klima zu verschaffen. Der vom Ernährungsrat Berlin[192, 193, 194, 195, 196] erarbeitete Forderungskatalog zur Umsetzung einer Berliner Ernährungsstrategie[197, 198] passt ganz gut zu den Zielen dieser Demonstration.
- Ihr Ansatz ist dabei, Menschen zu erreichen, die sonst übersehen werden und diese aktiv mit einzubinden. Dazu werden Partnerschaften mit migrantischen Organisationen eingegangen und vorhandenes Wissen (z.B. besondere Verfahren der Essenszubereitung oder kulturelle Werte) und Potenziale genutzt.
- Da vielfach eine angespannte finanzielle Situation vorhanden ist, muss diese berücksichtigt werden, um den Menschen dennoch gutes Essen anbieten zu können.
- Sie berichtete, dass manche Menschen – z.B. sprachbedingt – gar nicht die Zutatenliste[199, 200, 201, 202, 203, 204] lesen können, was dann zu Ernährungsfehlern[205] führen kann. Daher besteht häufig Beratungs- und Bildungsbedarf, der dann oft noch im kulturellen Kontext zu sehen ist, da u.a. meistens die Frauen für die Ernährung der Familien zuständig sind.[206]
- Diese dann ausgebildeten Menschen tragen anschließend als ErnährungsbotschafterInnen ihr Wissen über gutes Essen weiter in ihre Communities.[207]
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 122/136)
Tina Andres (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V.[208, 209, 210, 211])
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Audio 12/13)
Tina Andres zu den (ökonomischen) Folgen des Nicht-Handelns (Audio 12/13) [MP3]
Tina Andres sprach zu folgenden Themen:
- Sie wies in Anbetracht der nicht mehr zu ignorierenden[212, 213, 214, 215] Klimakatastrophe[216, 217, 218] auf die Dringlichkeit des Handelns hin und zeigte sich erfreut über Jene, die dies bereits tun.
- Sie betonte, dass wir Menschen nicht außerhalb, sondern Teil dieses Ökosystems sind. So müssen auch der Boden und die Arbeit der BäuerInnen einen Wert sowie unsere Nahrung einen Preis haben.
- Sie bezifferte die 90 Milliarden Euro jährlicher Folgeschäden der falschen Landwirtschaft in Deutschland, die als Folge der Allgemeinheit als Steuerlast aufgebürdet werden. Dies wird ergänzt durch tagtäglich 300 Millionen Euro medizinischer Kosten, hervorgerufen durch falsche Ernährung. Dennoch wird die Finanzierung einer ökologischen Wende als unbezahlbar abgetan. (Hinweis: Selbst wenn – je nach verwendeten Quellen – teils sehr abweichende Zahlen für die jährlichen Folgekosten in den Bereichen Landwirtschaft[219, 220] und Gesundheit[221, 222, 223] angegeben werden, so sind diese angegebenen Summen in jedem Falle alarmierend.)
- Daher sei die Neuberechnung des Kapitals einer biologischen Ernährung nötig.
- Tina Andres stellte klar, dass niemand ein Anrecht auf Tierleid und Billigfleisch hat.
- Sie prangerte den weiterhin ungebremsten weltweiten Einsatz von Pestiziden an, unter dem die Artenvielfalt und die Menschen leiden. Außerdem kritisierte sie die nicht zielführenden endlosen Diskussionen in Agrargremien, obwohl doch schon längst die agrarökologischen Konzepte vorliegen.
- Sie forderte die Politik auf, endlich zu handeln und eine Landwirtschaft ohne Pestizide und Gentechnik zu ermöglichen.
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 123/136)
Patrick Müller[224, 225] (PROVIEH e.V.[226, 227, 228, 229, 230, 231])
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Audio 13/13)
Patrick Müller zum nötigen Umbau des Agrarsystems (Audio 13/13) [MP3]
Patrick Müller sprach zu folgenden Themen:
- Er skizzierte das Interessenprofil seines Vereins PROVIEH, der sich für bessere Haltungsformen der Nutztiere und eine Wirtschaftsweise, die dem Klima[232] und den BäuerInnen gerecht wird, einsetzt. Er betonte, dass nicht die BäuerInnen dieses toxische System zu verantworten haben, sondern das grenzenlose kapitalistische System[233, 234, 235] und eine fehlgeleitete Agrarpolitik. Konkret prangerte er die Ära Merkel an, die jegliche Fortentwicklung verhindert hat.[236]
- Er wies darauf hin, dass in zunehmendem Maße die Gerichte urteilen müssen, weil die Politik nicht die nötigen Rahmenbedingungen setzt – was ein völlig unzureichender Zustand ist.
- PROVIEH fordert daher einen sozial- und tiergerechten Umbau des Agrarsystems. Patrick Müller nannte die drei Kernforderungen: 1. höhere ErzeugerInnenpreise, um die wirtschaftliche Existenz zu sichern, ohne die Tiere auszubeuten; 2. der Konsum muss abnehmen, um die planetaren Grenzen nicht zu sprengen; 3. die Haltungsbedingungen müssen an die Tiere angepasst werden, statt andersherum.
- Abschließend dankte er den Anwesenden für die breite Unterstützung.
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 124/136)
Tierleid? Bah, so was wollen wir nicht ...
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 125/136)
Ein gemeinwohlorientiertes[237], alternatives Lohnkonzept: Good Food for all! Berufsbezogene Grundeinkommen[238] Jetzt! Für GemüseBauern & Gärtner
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 126/136)
Dem würden die (Aus)Nutztiere zustimmen: ARTGERECHT IST NUR DIE FREIHEIT[239, 240, 241, 242, 243]
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 127/136)
Das Demo-Orga-Team bedankte und verabschiedete sich.
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Demonstration WIR HABEN ES SATT! (Foto 128/136)
Abschließend ließ es die Band BRASS RIOT[244, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251] musikalisch noch einmal ordentlich krachen.