Vortrag: Der Kampf um den Hambi geht weiter
Datum: 2023/10/14 – Themenbereiche: Energie und Energiewende | Politik | Tiere und Umwelt
Die im Jahr 2019 von Politik und Medien ausgerufene Behauptung, dass der Hambacher Wald[1, 2, 3, 4, 5] gerettet sei, stimmte von Anfang an nicht.[6, 7] Der Karikaturist Klaus Stuttmann[8] hatte in weiser Vorahnung, die derzeitige völlig absurde Situation damals recht treffsicher vorhergezeichnet.[9] (Auch der Medienkünstler Prof. Guido Kühn[10, 11, 12, 13, 14, 15] hat das Problem hinreichend satirisch kommentiert.[16]) Inzwischen gibt es neben der Bedrohung durch den Tagebau und den Auswirkungen durch die Klimakatastrophe[17, 18, 19] sogar Überlegungen, den geretteten Restwald marktwirtschaftlich zu verwerten. Daher mobilisieren die immer noch im Wald lebenden KlimaaktivistInnen erneut, um die endgültige Vernichtung des Hambacher Waldes (ohne ihn roden zu müssen) zu verhindern.[20] Zwei Aktivisti kamen nach Düsseldorf ins Chaosdorf[21, 22, 23, 24, 25] zu Vortrag und Diskussion.
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Hinweis: Beim Chaos Computer Club Düsseldorf / Chaosdorf e.V. gibt es alternativ eine Videoversion des Vortrags mit erläuternden Bildeinblendungen.[26]
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Vortrag: Der Kampf um den Hambi geht weiter (Foto 1/4)
Die beiden Klimaschutzaktivisti aus dem Hambacher Wald ...
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Vortrag: Der Kampf um den Hambi geht weiter (Foto 2/4)
... sprachen nach dem verkabeln Live On Air direkt ins Internet hinein.
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Vortrag: Der Kampf um den Hambi geht weiter (Audio 1/1)
Der Vortrag zum Hambacher Wald (Audio 1/1) [MP3]
Die beiden Aktivisti sprachen zu folgenden Themen:
- Sie stellten den Hambacher Wald[27] vor und skizzierten anhand eines Videos mit bewegenden Fotos seine Beziehung zum Tagebau Hambach.[28, 29] Ein weiteres Zeitraffervideo zeigte die chronologische Fortentwicklung des Tagebaus.[30]
- Anschließend beschrieben sie die Historie und die Motivation der Waldbesetzung[31, 32, 33] sowie die Opferbereitschaft der AktivistInnen, um den Wald zu beschützen – die als Folge der später gerichtlich als illegal festgestellten[34, 35, 36, 37, 38, 39] Räumung 2018[40] mehrere Todesopfer forderte. Das bekannteste ist zweifelsfrei Steffen Meyn.[41, 42, 43, 44] In dem Kontext wurde erwähnt, dass die Rodung des Hambacher Waldes nicht nur aufgrund des Gerichtsurteils[45, 46, 47, 48, 49] gestoppt wurde, sondern ebenso aufgrund der massiven Widerstände durch die AktivistInnen. Nach dem Abbruch der Räumung wurde der Wald wieder besetzt[50] und es gibt seit dem vor Ort zahlreiche Aktivitäten.
- Dennoch ist der Wald weiterhin bedroht, denn die Kohlebagger laufen noch immer und die Klimakatastrophe schädigt zusätzlich den Wald.[51, 52] Außerdem bedroht das geplante Manheimer Loch[53, 54] (welches von RWE[55] zur heimeligen Manheimer Bucht umetikettiert wurde) wertvollstes Ackerland[56, 57] (Hinweis: dessen Verlust wir uns aus geopolitischen Gründen[58, 59] vor dem Hintergrund der klima-bedingten Prognosen für die Landwirtschaft[60, 61, 62, 63] nicht leisten können) und den Rest vom Ort Manheim.[64] Der hier gewonnene Abraum soll angeblich zur Stabilisierung des Forum :terra nova[65] verwendet werden. Faktisch aber würde das Manheimer Loch den Rest des Hambacher Waldes von den umliegenden Waldstücken abschneiden und somit dessen Biodiversität[66, 67, 68] beeinträchtigen. Zusätzlich würde dies den – aufgrund der Sümpfung[69] eh nur noch von den (wenigen) Niederschlägen überlebenden[70] – Hambacher Wald vollkommen austrocknen, da das Grundwasser in die Grube laufen würde.
- In Manheim wohnt der letzte widerständige Bauer Heinrich Portz, der sich gegen die Enteignung wehrt[71, 72, 73, 74] und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht[75, 76] ziehen will. Denn ob die Grundstücksenteignung zur Rohstoffgewinnung rechtlich zulässig ist, ist in dem konkreten Fall, bei dem es nicht um Kohle, sondern um die Massenrohstoffe Sand und Kies geht, möglicherweise verfassungswidrig.[77] (Hinweis: Antje Grothus[78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85] hat zur Klärung dieser Sachlage beim Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienst NRW[86] ein Gutachten in Auftrag gegeben[87], welches sich deutlich gegen eine Enteignung ausspricht.[88] Hinzu käme, dass das Manheimer Loch – wie bereits beschrieben – den Hambacher Wald vom ausgeschriebenen benachbarten FFH-Schutzgebiet[89, 90, 91, 92, 93] Steinheide[94, 95, 96] trennen und somit dessen Artenvielfalt gefährden würde. Und dies kann wohl kaum im Sinne des Gemeinwohls[97] sein!) Da RWE (mal wieder) vor einer juristischen Klarstellung der Sachlage damit begonnen hat, Fakten zu schaffen, ist dringende praxisnahe Abhilfe gefragt. Außerdem soll es Planungen geben, den geretteten Hambacher Wald nun doch forstwirtschaftlich zu nutzen – was zu den üblichen Problemen von Baummonokulturen[98, 99, 100, 101] führen wird. (Hinweis: Dabei sind in den letzten Jahren durchaus Konzepte entwickelt worden, wie man mit Wäldern Geld verdienen kann, die sich nicht darauf beschränken, möglichst viele Bäume abzuhacken.[102, 103, 104] Es täte dem ramponierten Image von RWE und der Landesregierung NRW besser, wenn sie den Hambacher Wald – was leider mit großem Zeitaufwand verbunden ist[105, 106] – zu einer Kohlenstoffsenke[107, 108, 109, 110] weiter entwickeln und endlich offen und ehrlich reden[111, 112, 113] würden, anstatt – nachdem ihre Kohleutopien gerichtlich zurecht gestutzt wurden – noch das maximal Mögliche aus der Situation heraus zu pressen!) Um diese Pläne umzusetzen zu können, müssten erst die AktivistInnen aus dem Wald vertrieben werden.
- Auch im geretteten Ort Morschenich[114, 115] befinden sich u.a. die jetzt unerwünschten AktivistInnen. Da die zuständige Bezirksregierung im Ort der Zukunft hochtrabende Pläne hat[116, 117, 118, 119], sollen die AktivistInnen bald vertrieben werden. (Hinweis: Dass hierzu die Wünsche der verbliebenen BewohnerInnen des Ortes – soweit sie denn berücksichtigt werden – zur Sprache kommen sollen, ist zwar löblich. Dass aber hierzu eine Projektwoche[120, 121, 122, 123, 124, 125] u.a. von der mit der RWE AG[126] kooperierenden Neuland Hambach GmbH[127] organisiert wurde, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Und dass ein großer Teil der BewohnerInnen sich für die Umbenennung des Ort der Zukunft in Bürgewald[128] aussprachen, ist eine Aussage zu den Modernisierungsplänen der Stadtverwaltung – die wohl Jene verstehen werden, die wissen, wofür dieser Begriff steht![129]) Nach der schlechten Presseberichterstattung bei der Räumung des Hambacher Waldes 2018 sind hierzu allerdings subtilere Methoden geplant.
- Es ist zu vermuten, dass ein Absterben des Hambacher Waldes (ohne ihn roden zu müssen) billigend in Kauf genommen würde, um dann – falls eine passende politische Situation besteht – doch noch den Zugriff auf die darunter liegende Kohle zu versuchen. Daher müssen sich die AktivistInnen jetzt ein paar Gedanken zur zukünftigen Situation machen, da diese sich mit einer neuen Landesregierung wieder ändern könnte.[130] Hinzu kommt, dass das Thema die Allgemeinheit nicht mehr so auf dem Schirm hat und dass im Hambacher Wald neue AktivistInnen gebraucht werden, die sich engagieren.
- Zur Verdeutlichung wurden die Hauptpunkte rekapituliert, warum der Hambacher Wald (als Symbol) so wichtig ist und welche alternativen Projekte und Experimente[131, 132] an diesem Ort umgesetzt werden können – auch um ein Gegengewicht zum allgemeinen Rechtsruck[133, 134, 135, 136, 137] zu bieten und Freiräume zu schaffen. Dabei geht es auch darum, natürliche Prozesse zu verstehen und sich Unabhängigkeit zu erarbeiten.
- Erfreulich ist der vermehrte Besuch von Schulklassen, die das Leben im Wald in der Praxis sehen und mit den AktivistInnen sprechen wollen. Es ist aber noch intensiver, dieses Gefühl des Lebens im Wald selber zu erleben. Eine gute Gelegenheit dazu bietet das anstehende Festiwald.[138]
- Der Vortrag endete mit den verfügbaren Kontaktinformationen.[139]
In der anschließenden Diskussion wurden folgende Themen angesprochen:
- Ich wies darauf hin, dass die Bezeichnung Forst für einen Nutzwald[140, 141, 142] stehe und daher nicht für den Hambacher Wald benutzt werden sollte – zumal diese gezielt von RWE eingebracht wurde[143], um diesen Naturwald zum Nutzwald abzuwerten. (Hinweis: Vereinzelt ist sogar vom Hambacher Wäldchen zu hören, was für den rücksichtslos abgeholzten, einstmals größten Wald von NRW eine vollkommen deplazierte Bezeichnung ist. In meinen älteren Texten ist noch die falsche Bezeichnung Hambacher Forst zu lesen, die ich heute natürlich nicht mehr verwende.)
- Jetzt wo Morschenich gerettet ist, gibt es einige abstruse Pläne[144, 145, 146] für verschiedene Ökokapitalismus-Projekte[147] und die Stadt sucht weitere Investoren, da das unerschlossene Land momentan als wertvoll gilt und viele Möglichkeiten bietet. Der sehr unterschiedliche Umgang der Gemeinden mit der Situation soll u.a. an Korruption liegen.[148, 149] (Hinweis: Die Korruptionsvorwürfe sollen laut eines neuen Rechtsgutachtens unbegründet sein.[150])
- Ich fragte nach, ob es neue Erkenntnisse zur im April 2023 in Morschenich abgebrannten Kirche St. Lambertus[151, 152, 153, 154, 155, 156] gibt, was aber verneint wurde. Interessanterweise soll die Kirche St. Albanus und Leonhardus[157, 158] im fast vollständig devastierten Ort Manheim erhalten bleiben.[159, 160]
- Ich fragte nach, wie der aktuelle Stand ist zum Rückkauf der Häuser durch die ehemaligen BewohnerInnen.[161, 162, 163] Denn neben den zu klärenden juristischen Fragen, schadet der Leerstand der Bausubstanz, so dass die Häuser irgendwann nicht mehr bewohnbar und nur noch abbruchreif sind.
- Es wurde angesprochen, wie man sich engagieren[164] oder die AktivistInnen unterstützen kann.[165]
- Es wurde skizziert, wie die Aufgabenverteilung abläuft und wie gemeinsame Absprachen und Abstimmungen getroffen werden.
- Eine weitere Frage betraf die Öffentlichkeits- und Pressearbeit[166] der AktivistInnen. Die externen Presseberichte sind leider häufig nicht gut. Daher ist das persönliche Gespräch oft wertvoller.
- Ich erinnerte an die Waldklimamessungen[167, 168] des Waldökologen Prof. Dr. Pierre Ibisch[169, 170, 171], der den aktiven Schutz des Hambacher Waldes einforderte. Dann schilderte ich den zu sehenden Irrsinn am Forum :terra nova und erinnerte an die völlig absurden Pläne zur Flutung der Tagebaue mit Rheinwasser.[172, 173, 174] (Hinweis: Dabei führt der niedrige Rheinpegel – aufgrund des klimabedingten Gletschersterbens – während der Hitzesommer, bereits jetzt schon zu Problemen und Streit.[175, 176] Dieses Wasser wird dann ebenfalls der am Rhein angesiedelten Industrie und Landwirtschaft fehlen.)
Siehe auch:
- Aktionen / Filmvorführung mit ProduzentInnengespräch: Vergiss Meyn nicht (2023)
- Aktionen / KLIMA SCHÜTZEN, KOHLE STOPPEN! – Menschenkette am Tagebau Garzweiler II (2021)
- Aktionen / Vortrag/Diskussion: Hambi ist erst der Anfang! Heute im Hambi – morgen überall (2019)
- Aktionen / Podium/Diskussion: Konfrontation am Hambacher Forst – Ein Wald zwischen Protest, wirtschaftlichen Interessen und Rechtsstaat (2018)
- Aktionen / Naturstrom-Diskussionsabend: Kohleausstieg selber machen – können wir (uns) das leisten? (2018)
- Aktionen / Vortrag und Diskussion: Juristischer Widerstand gegen RWE – Chancen und Risiken (2018)
- Aktionen / Demonstration: Stop Kohle – Wald retten - Kohle stoppen (2018)
- Aktionen / Revierversammlung: Was kommt, wenn die Kohle geht? (2018)
- Aktionen / Abriss des Immerather Doms (Sankt Lambertus) (2018)
- Aktionen / Klimafest im Kölner Stadtwald (2017)
- Aktionen / Rote Linie-Aktion vorm Kölner Dom (2016)
- Aktionen / Anti-Kohle-Kette am Tagebau Garzweiler II (2015)
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Vortrag: Der Kampf um den Hambi geht weiter (Foto 3/4)
Ausliegendes Informationsmaterial
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Vortrag: Der Kampf um den Hambi geht weiter (Foto 4/4)
Passend zum Thema wächst im Außenbereich des Chaosdorf – gut beschützt – der Cyberbaum. :-)